Kunstquartier Bethanien, Studio 1

Montag 7.11., 12.30 Uhr – Videodokumentation

Tafelmusik und Mittagsimbiss aus China

Ensemble JungeMusik Berlin & Duo Sonoro Kiew als Gast aus der Ukraine

© André Fischer
© André Fischer

Programm


  • Prolog Ukraine
  • Ihor Zavhorodnii
    StillUA(2022)
    für Violine und KlavierAuftragswerk des Duo Sonoro
  • Interview
    Andrii Pavlov und Valeriia Shulga im Gespräch mit Leonie Reineke

  • China
  • Wang Shuai
    The Dream Lake(2020)
    für Flöte und Klavier
  • Keija Xing
    Fliege fliegt beim Fliegen(2018)
    für Akkordeon und Zuspiel
  • Xuan Yao
    Verlassen(2022)
    für Viola, Violoncello und Klavier

Duo Sonoro Kiew

Andrii Pavlov – Violine | Valeriia Shulga – Klavier
&

Ensemble JungeMusik Berlin

Erik Drescher – Flöte | Anna-Katharina Schau – Akkordeon | Feng Xue – Viola | Felix Thiemann – Violoncello | Nadezda Tseluykina – Klavier (bei Wang Shui) | Zhifeng Hu – Klavier (bei Xuan Yao)
Gesamtleitung: Helmut Zapf


Mitglieder des Ensemble JungeMusik Berlin präsentieren täglich Musik aus einem anderen Land. Zu hören sind an diesem Tag Kompositionen aus China. Dazu wird ein landestypischer Imbiss gereicht.

Besonders freuen wir uns, aus gegebenem Anlass und als täglichen Höhepunkt, dass das Duo Sonoro aus Kiew bei der Tafelmusik zu Gast ist. Der Geiger Andrii Pavlov und die Pianistin Valeriia Shulga führen in einem Prolog zu den Länderportraits an jedem Tag eine Komposition von ukrainischen Komponist:innen auf.

Im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist es uns wichtig, der ukrainischen zeitgenössischen Musik einen Raum zu geben und auf diese Weise dazu beizutragen, Kunst und Kultur der Ukraine sichtbar zu machen. Das Duo Sonoro ist Teil der heute außerordentlichen vielfältigen und lebendigen Musikszene, die sich seit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 in Kiew und vielen anderen Städten entwickelte.

Das Duo Sonoro wurde vor mehr als zehn Jahren als festes Ensemble gegründet. Der sich entwickelnde internationale Ruf des Duos wurde durch Spitzenpreise bei internationalen Wettbewerben bestätigt. Das Duo Sonoro konzertierte an den wichtigsten Veranstaltungsorten in der Ukraine wie der Kiewer Philharmonie, der Philharmonie von Odessa, der Oper von Lwiw und der Oper von Charkiw sowie zahlreiche internationale Auftritte in Spanien, Deutschland, Litauen, Niederlanden, Italien, Österreich und Polen.

Darüber hinaus trat Andrii Pavlov trat als Solist insbesondere mit dem Radio-Symphonieorchester Wien, dem Nationalen Symphonieorchester der Ukraine, der Lemberger Philharmonie, dem New Era Orchestra und den Kyiv Soloists auf. Valeriia Shulga konzertiert in anderen Kammermusikgruppen und ist auch als Konzertmeisterin tätig. Beide Musikerinnen unterrichten seit kurzem an einer der ältesten Musikhochschulen Osteuropas, der Reinhold Glier Municipal Academy of Music in Kiew.

Am heutigen Tag bringt das Duo Sonoro ein Stück des ukrainischen Geigers, Bratschisten und Komponisten Ihor Zavhorodnii (*1988) mit. Zavhorodnii, in der Neuen wie Alten Musik zu Hause, mit einem besonderen Schwerpunkt auf musiktheatrale Formate, ist Mitglieder verschiedener Ensembles, u. a. beim Ukho Ensemble, Danapris String Quartet und dem Nev Era Orchestra. Internationale Konzertreisen führten ihn u. a. nach Österreich, Bulgarien, China, Litauen, Deutschland, in die Niederlande, Polen, Portugal, in die Schweiz und nach Japan.

Das Stück Still (engl. für immer noch, dennoch) von Ihor Zavhorodnii entstand im Oktober 2022 im Auftrag des Duo Sonoro. Es ist ein sehr konzentriertes, zugleich emotional packendes Werk, das mit einem maximal reduzierten Material auskommt. Immer wieder wiederholte, insistierende Schläge im Klavier, gegen die sich eine emphatische Melodie der Geige zu behaupten versucht, bestimmen den ersten Teil. Das zentrale Intervall, die aufsteigende kleine Septime, traditionell in der Musik als Ausdruck der Sehnsucht verwendet, wandelt sich im zweiten Teil mit seinem Komplementärintervall der fallenden Sekunde zum Seufzermotiv. Der Grundgestus des Stücks zwischen Klage und Anklage, Verzweiflung und Behauptung lässt sich auch als Kommentar zur aktuellen Situation der Ukraine lesen.

Das Ensemble JungeMusik Berlin bringt drei Stücke von jungen chinesischen Komponist:innen mit.

Wang Shuai ist Postgraduiertenstudent im Hauptfach Komposition am Xinghai-Musikkonservatorium. Zu seinem Stück The Dream Lake (2020) schreibt er: „Unzählige Träume haben ihr eigenes Ziel, genau wie die kleinen Funken auf dieser Trauminsel irgendwann wieder aufsteigen werden.“ (Wang Shuai)

Kejia Xing (*1989) kam nach einem Studium im Bereich Musikproduktion in China nach Deutschland, wo er 2013 bis 2015 Komposition und Tonsatz bei Helmut Zapf lernte. Ein Studium der Komposition am Richard Wagner Konservatorium Wien und an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien schlossen sich an.

Über sein Stück Fliege fliegt beim Fliegen (2018) schreibt er: „Wie der Titel schon sagt, wurde das Werk durch eine Flugreise inspiriert. Ich entdeckte eine Fliege, die in der Kabine in einigen tausend Metern Höhe herumflog. Das bedeutet, dass eine Fliege mit mehr als 800 km/h zu einem Ziel fliegt, das sie nicht kennt, und es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie von dort nicht mehr zurückkehren wird.“ (Kejia Xing)

Xuan Yao, 1992 in China geboren, interessiert sich nicht nur für rein musikalische Stücke, sondern auch für gemischte Ausdrucksmethoden, u. a. für Musik mit Bewegung. Sie probiert beim Komponieren neben der Musik auch weitere Ausdrucksweisen. Von 2017 bis 2019 lernte sie Komposition bei Helmut Zapf in Berlin. Seit 2020 studiert sie bei Johannes Schöllhorn an der Musikhochschule Freiburg.

Zu ihrem Stück Verlassen (2022) schreibt sie: „Vom Verlieren lernt man, wenn es ein ideeller oder menschlicher Verlust ist, allmählich einen Verlust anzunehmen, zu ertragen, bis ein Ersatz sich einstellt. Der Ersatz kann was ganz Neues sein, oder der Verlust ist eines Tages kein Verlust mehr, die hinterbliebene Leere füllt sich mit Erinnerungen, mit Liebe und Gedanken, mit einem lieben Menschen, oder neue Gefühle und Wertschätzungen entstehen.“ (Xuan Yao)