Mit dem Thema Weite richtet die Klangwerkstatt Berlin 2019 die Ohren in die Ferne und ins Unbekannte. Alles beginnt mit dem Blick über den eigenen Tellerrand. Das kann mühsam sein und gelingt nicht immer. Von wo aber sonst, wenn nicht von dort, sollen der Geschmack, die Erfahrungen und Erkenntnisse jenseits der eigenen Suppe kommen?
Im letzten Jahr war das Festival mit dem Thema Grenze überschrieben. Wir fokussierten Trennlinien, bewerteten Grenzverletzungen neu und erprobten Grenzsprengungen. Weite war dabei die Rückseite der Medaille, die implizite Negation. Nun aber wollen wir mehr, als nur die Überwindung von Grenzen. Wir zielen auf ihre Nichtexistenz.
Weitblick! Wir assoziieren den großen Raum, der sich beim Gehen öffnet und die bloße Überwindung enormer Distanzen in der Enge eines Flugzeugs, romantische Topoi der Entgrenzung und des freies Atmens in der Natur, Träume und Hölderlins „Komm! Ins Offene, Freund!“.
Der weite Himmel kennt keinen Horizont und weckt Sehnsüchte, das Bodenlose macht Angst. Weite lockt und schüchtert ein, sie ist befreiend und bedrohlich. In der Weite kann man sich verlieren. Weite ist Imagination und Halluzination, sie nährt Utopien und Visionen.
Weite ist alles, was nicht eng ist, die Vielfalt der Klänge und der Formen, die Einheit von Verstand und Gefühl. Weite ist das lustvolle Finden und Verlieren auf Um- und Abwegen, ineffizient und heilsam, Bekanntes erscheint im Entlegenen und Überraschendes in nächster Nähe.
Weite ist die Ahnung vom Anderen, der fremde Klang und seine namenlose Bedeutung, das Experiment mit offenem Ausgang und das in sich geschlossene Werk, das sich der Endgültigkeit entzieht.
Die Klangwerkstatt Berlin erlauscht Signale aus weit entfernten Orten, aus vergangenen und zukünftigen Zeiten. Sie etabliert raumgreifende Klanglandschaften und lässt Vervielfachungen ins Kraut schiessen, sie kreuzt Gedanken mit Klängen und mischt Empfindungen mit Formen, sie dehnt die Zeit und hebt sie bisweilen auf. Wir haben uns einiges vorgenommen.
Die Klangwerkstatt Berlin ist ein seit 1990 bestehendes Festival für Neue Musik mit besonderer Anbindung an die Berliner Musiklandschaft und starkem Fokus auf die Förderung des musikalischen Nachwuchses.
Die am Festival beteiligten Gruppen bilden ganz bewusst ein breites Spektrum ab: musikalische Kinder- und Jugendarbeit, Studierende und renommierte professionelle Ensembles begegnen sich hier auf Augenhöhe.
Ensemble RADAR, ensemble mosaik, Minguet Quartett, Ensemble Adapter, Ensemble LUX:NM, Ensemble JungeMusik, deutsch-iranisches Musiktheater Ornament, Erik Drescher, Erik Rosenius, Feelharmonie Rheinsberg, Ensemble Compas, Jugendensemble Progress, Jugendensemble multiphon, Kammermusikklasse Gerhard Scherer-Rügert, Jugend-Klarinettenensemble AllesClar, Jugendchor der Musikschule Friedrichshain-Kreuzberg, Orchester der Freien Jugendorchesterschule Berlin.
Michael Beil, Annesley Black, Simon Steen-Andersen, Sascha Lino Lemke, Alexandra Filonenko, Pierre Boulez, Misha Cvijovic, Alexander Schubert, James Tenney, Steven Kazuo Takasugi, Yair Klartag, Birke Bertelsmeier, Georg Katzer, Uroš Rojko, Seppo Pohjola, Katia Tchemberdji, Gerhard Scherer, Kaija Saariaho, Michael Hirsch, Helmut Oehring, Panos Iliopoulos, Matthias Jann, Maya Shenfeld, Helmut Zapf, Hermann Keller, Peter Weirauch, Ines Koob, Anton Safronov, Jette Santarius, Sebastian Stier, Dustin Zorn, Samuel Johnstone, Felix Kruse, Dong-Myung Kim, Sujin Lee, Taner Akyol, Gottfried Michael Koenig, Franco Evangelisti, Wolfgang Rihm, Brian Ferneyhough, Stefan Streich, Gerhard Stäbler, Jacek Sotomski, Piotr Peszat, Mikołaj Laskowski, Piotr Bednarczyk, Nina Fukuoka, Andreas Staffel, Jobst Liebrecht, John Cage, Oskar Molzahn, Tosja Weiß, Lion Rückert, Hannah Höffer, Jacek Domagała, Irina Finke, Theodor Plümpe, Xenia Gehler, Arne Sanders, Amen Feizabadi u.a.